Vorgeschichte

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Die Donau durchbrach ursprünglich die „Wiener Pforte“ zwischen Leopolds- und Bisam­berg und ergoss sich in ein 6 km breites Gewirr aus Flussarmen, Auen und Inseln. Jahreszeitlich bedingte Wasserschwankungen und mitgeführte große Mengen Schutt und Sediment bedingten, dass Inseln und Donauarme verschwanden und neue entstanden.

Ab dem späten Mittelalter verlagerte sich das ganze Stromgewirr, vor allem der für Wien so wichtige „Wiener Arm“, nach Nordosten, weg von der Stadt. Immer wieder versuchte man durch hölzerne Uferbefestigungen und Dammbauten einerseits Hochwässer abzuwehren und andererseits die Verlandung von Schifffahrtsrouten zu verhindern – aber kaum eine Maßnahme überlebte das nächste Hochwasser. Auch die 1376 erstmals urkundlich erwähnten Wasserpflüge (Handbagger) waren nicht zielführend. Bis ins 16. Jh. hatte man einfach nicht die technischen Möglichkeiten den Lauf der Donau zu beeinflussen.

1706 zeichneten Leander Anguissola und Johann Jakob Marinoni, zwei herausragende Kartografen, einen Plan von Wien und der weitverzweigten Donau. Der Kupferstich war zwar noch sehr ungenau, aber wunderschön, und wurde in den vornehmen Kreisen ganz Europas als Kunstwerk gehandelt.

1717 berief Karl VI. Vincenzo Coronelli nach Wien um einen Regulierungsplan auszu­arbeiten und verlieh ihm den Titel „Commissario Perpetuo del Danubio“. Auch er schlug Dämme vor, diagonal angeordnet, um die Leopoldstadt zu schützen. 1760 gewann die Idee eines Durchstichs als Alternative zum Dammbau an Beachtung. Spalart, ein Ratgeber Maria Theresias, schlug vor, das Kaiserwasser mit dem Heustadl­wasser zu verbinden.

Der Siebenjährige Krieg 1756–1763 und der dadurch bedingte Geldmangel beendete vorübergehend alle Hochwasserschutzmaßnahmen.

1768 errichtete „Cameral-Ingenieur“ Johann Sigismund Hubert, sehr unterstützt von Josef II., einen Schutzdamm im Bereich von Floridsdorf. Dieser Vorläufer unseres Hubertus­dammes überlebte aber nicht einmal das nächste Hochwasser.

Einer der Gründe für die vielen Misserfolge im Hochwasserschutz war das Fehlen verlässlichen Kartenmaterials. Dieser Umstand hatte sich noch gravierender im Siebenjährigen Krieg ausgewirkt. Also ordnete Josef II. aus militärischen Überlegungen eine genaue Vermessung seiner Länder, die „Josefinische Landaufnahme“ 1773–1781, an. Die Donau wurde genau dargestellt – die Ergebnisse aber geheim gehalten und standen für die Wasserschutzbauten nicht zur Verfügung.

Gesamtplan für die Errichtung eines neuen Vorkopfes bei Nußdorf von Nicolaus v. Schitzenau (1788) 

Die Bevölkerung schob die Schuld an den vernichtenden Hochwasserkatastrophen auf die Dammbauten, die Wasserbauexperten stritten, ob Dämme oder Durchstich zielführend wären, bis der Kaiser genervt alle Mittel für den Hochwasserschutz sperrte. Die Grenze des Wasserbaues der damaligen Zeit war sichtbar geworden und man beschränkte sich nur mehr auf den Einlaufbereich in den Donaukanal.

1809–1819 erfolgte eine neuerliche umfassende Landvermessung, die „Franziszeische Landesaufnahme“. Mit verlässlichen Detailplänen, Höhenangaben und Profilen entwickelte sich auch der Wasserbau in Theorie und Praxis.

1810 propagierte Josef Maria Schemerl Ritter von Laythenbach (Leytenbach), der Leiter des Hofbauamtes, die revolutionäre Idee, alle Donauarme in einem „Normalstrombett“ zu vereinigen und es mit einer dauerhaften, stabilen Brücke zu überqueren. Er hatte die Idee, Brücke und Begrenzungsdämme im Trockenen zu bauen und dann den Strom einzuleiten durch Verlandung von Fahnenstangenwasser und Kaiserwasser – etwa so wie es dann 60 Jahre später auch geschah.

Der Kaiser war begeistert und befahl die sofortige Durchführung. Ein Brückenwettbewerb wurde 1825 ausgeschrieben, aber niemand kümmerte sich um die Finanzierung und die Pläne verschwanden in Schubladen.

Die folgenden Jahre waren geprägt von den endlosen Diskussionen der Befürworter eines Donaudurchstichs und damit Schaffung eines neuen Strombettes und den Verfechtern von Dammbauten und der Beibehaltung des alten Flussverlaufes. Obwohl die Gruppe der Durchstich-Befürworter mit internationalen Experten die besseren Argumente hatten, konnten sie sich nicht gegen Florian R. v. Pasetti, Verantwortlicher für den Hochwasserschutz und bis zu seiner Pensionierung 1868 vehementer Verfechter der Dammbauten, durchsetzen. Er hielt einen Durchstich für technisch nicht durchführbar und zu gefährlich. Aber auch die Durchstich-Befürworter konnten sich nicht einigen, wo denn der Durchstich erfolgen sollte.

In den 1830er Jahren bewirkte der Bau der Kaiser-Ferdinand-Nordbahn einige Veränderungen in der Flusslandschaft. Um Platz für den Nordbahnhof zu schaffen, mussten zwei Donauarme trockengelegt werden. Eine Brücke wurde gebaut, über die 1838 der erste Personenzug nach Deutsch-Wagram fuhr.

1848 wurde ein umfassendes Beschäftigungsprogramm gegen Arbeitslosigkeit durchgezogen – ohne Vorbereitung, ohne Planunterlagen und ohne Berücksichtigung der Kosten wurden Ausbesserungen und Erhöhungen bestehender Dammschutzbauten gemacht. 1849 setzte der engagierte Handelsminister Karl Ludwig Freiherr von Bruck die Erste Donau-Regulierungs-Comission ein. Verschiedene Projekte wurden ausgearbeitet, aber nach dem Sturz von Bruck fehlte der politische Wille, sie auch zu verwirklichen.

Doch verheerende Hochwasser, die Entwicklung der Dampfschifffahrt ab 1830 und der Eisenbahn ab 1837 und deren Bedarf an Landeflächen, Stapelplätzen, Umschlagmöglichkeiten, sowie die Versorgung von Wien, dem Zentrum eines 50-Millionen-Staates, forderten eine Lösung.