Stadtentwicklung

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Stadtentwicklung bis ins 17.Jahrhundert
Einst war die Landschaft des Wiener Beckens geprägt von Auwäldern, Haupt- und Nebenarmen der Donau mit vielen Inseln, deren Größe sich nach jeder Überschwemmung änderte. Die Leopoldstadt entwickelte sich auf der höchsten und damit am wenigsten durch Hochwasser gefährdeten Insel am linken Ufer des Wiener Arms. Auf dieser Insel, dem Unteren Werd, standen bereits um 1300 erste Häuser, eine erste Schlagbrücke (Schlachtbrücke, heute Schwedenbrücke) zwischen Insel und Stadt wird bereits Ende des 14.Jh. erwähnt.

Auf dem Unteren Werd siedelten sich Gemüsegärtner, Fischer und Schiffsbauer an, so-dass die Häuserdichte schnell zunahm. Die auf einem Damm gebaute Taborstraße (früher Kremser Straße) entwickelte sich zur Handelsstraße Richtung Norden. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts, wurden in der Taborstraße auch die Orden der Barmherzigen Brüder und der Karmeliter ansässig.

In den folgenden Jahrzehnten verlandeten weitere Donauarme, kleinere Inseln vereinten sich mit dem Unteren Werd, sodass mehr Siedlungsraum entstand. So markiert die linke Straßenseite der heutigen Hollandstraße bzw. Leopoldsgasse das östliche Ufer eines Nebenlaufs eines verlandeten Wiener Arms.
Trotz verlandeten Flussarmen, Uferschutzbauten und Hochwasserdämmen gehörten Überflutungen weiterhin zum Leben im Unteren Werd. Noch bis Anfang des 19. Jahrhunderts, vor Verlegung des Donaukanals, war ein Besuch des Lusthauses per Schiff über den Wiener Arm möglich.

Auch war die Gegend attraktiv wegen der Nachbarschaft zu den kaiserlichen Jagdgründen (Prater). Eine Allee, Jägerzeile (Praterstraße), zum Prater wurde gebaut. Dort siedelten sich ab dem 16. Jahrhundert, mit Genehmigung von Maximillian II., pensionierte Jäger an. Adelige und Großbürger errichteten sich entlang der Praterstraße und des Donaukanals (Am Schüttel) ab dem 17. Jahrhundert herrschaftliche Häuser.

Die Einwohnerzahl wuchs erneut beträchtlich, als im Unteren Werd 1625 ein jüdisches Ghetto entstand, das allerdings 1670 wieder aufgelöst wurde. Die wachsende Vorstadt wurde nunmehr von Leopold I. in Leopoldstadt umbenannt.

Stadtentwicklung ab dem 18. Jahrhundert
Zwischen 1700 und 1830 veränderte sich die Siedlung im Unteren Werd nur wenig. 1777 lebten 16.000 Menschen in diesem Gebiet. Die meisten adeligen Villen und Parks entlang des Donaukanals waren durch kleinere Häuser ersetzt worden. Die Besiedlung konzentrierte sich am linken Ufer des Donaukanals und weiterhin an den beiden Ausfallstraßen Prater- und Taborstraße.

Trotz der Hochwassergefahr stieg die Bevölkerung im Unteren Werd zu Anfang des 19.Jahrhunderts auf 25.000 Menschen an. Besiedelt waren vor allem der Norden der Leopoldstadt und das Gebiet um den Praterstern.
Mitte des 19.Jhs. waren es fast 50.000 Bewohner. Die alten, zentral gelegenen Wohngebiete entlang von Prater- und Taborstraße galten immer noch als gute Mittelklasseviertel, aber etliche der herrschaftlichen Villen verschwanden wieder, wahrscheinlich wegen des zunehmenden Zuzugs von Arbeitern, die sich in Mietshäusern nahe neuer Industriebetriebe ansiedelten.

Durch die Donauregulierung entstandene Neubaugebiete

Stadtentwicklung nach der 1. Donauregulierung
Die Donauregulierung 1870-1875 brachte eine wesentliche Veränderung der geographisch-topographischen Struktur. Mehr als 260 Hektar Land wurden am rechten Donauufer stabilisiert und damit zu Siedlungs- und Industriefläche.

Dort, wo während der Weltausstellung 1873 die Weltausstellungs-Bahn fuhr, begann 1875 nach fertiggestellter Donauregulierung die Erschließung des Geländes. Auf den neuen Flächen sollte Wiens erste „Donaustadt“ entstehen. Die ersten Häuser entstanden in den 1880er Jahren entlang der Ausstellungsstraße. Anfang des 20. Jahrhunderts war bereits ein großer Teil des Geländes verbaut, viele dieser Gründerzeithäuser bestehen bis heute. „Donaustadt“, ein von den Stadtplanern vergebener Name, gefiel der Be­völ­kerung offenbar nicht und so bürgerte sich als Name Stuwerviertel ein.

Letztendlich entstand zwischen Prater und Augarten, den Bahnhofsgeländen und dem Messegelände ein Mosaik aus Fabriken und Wohngrätzeln. Insbesondere entlang der Donau wurden am neugeschaffenen Handelskai (Länge 11km) große Industriebetriebe angesiedelt (z.B. Metallverarbeitung, Lebensmittelindustrie, Gaswerke, Ölraffinerien). Dazu kamen Hafenanlagen, Schiffsanlegestellen und die Donauuferbahn. Kritisiert wurde diese Anlage insbesondere deshalb, weil die Donau nur scheinbar näher an die Stadt gerückt war. Jetzt war sie durch die großen Industrieanlagen von der Stadt getrennt.

Im Zusammenhang mit der Stromregulierung wurden fünf Straßen- und Eisenbahnbrücken über die Donau neu errichtet: Franz-Josephs-Brücke (Floridsdorfer Brücke), Kronprinz-Rudolf-Brücke (Reichsbrücke), Nordbahnbrücke, Nordwestbahnbrücke (Nordbrücke) und Stadlauer Ostbahnbrücke. Der Nordbahnhof beim Praterstern wurde zum wichtigsten Bahnhof der Monarchie, weil er die Verbindung zu den Industriegebieten in Mähren, Schlesien und Galizien herstellte.

Bis 1880 stieg die Bevölkerung auf 119.000 Einwohner an, 2.000 Gebäude wurden auf der Insel gezählt. Bereits 1900 zählte der 2. Bezirk 214.000 Einwohner. So kam es zur Teilung des Bezirks, der 20. Bezirk, die Brigittenau entstand. Heute haben sich die Bezirke Leopoldstadt und Brigittenau durch Bebauung und Brücken in das Stadtbild integriert. Die Insellage, zwischen Hauptarm der Donau und Donaukanal (ehemaliger Wiener Arm) ist den meisten Wienern nicht mehr bewusst.