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JULIUS TANDLER
Arzt und sozialdemokratischer Politiker
geb. 16. 02. 1869 Iglau
gest. 25. 08. 1936 Moskau
STELLA KLEIN-LÖW (HERZIG)
Lehrerin und Politikerin
geb. 28. 01. 1904 Przemyśl, Galizien
gest. 07. 06. 1986 Wien
Julius Tandler wurde als eines von sieben Kindern des Kaufmanns Moritz Tandler geboren. Die Familie lebte in ärmlichen Verhältnissen und übersiedelte 1871 nach Wien, wo der Vater als Redaktionsdiener arbeitete. Nach einem Umzug von Ottakring in die Leopoldstadt besuchte er dort die israelitische Volksschule. 1879/80 besuchte er das k. u. k. Staatsgymnasium im 9. Bezirk und ab 1882 das Leopoldstädter Communal-, Real- und Obergymnasium.Er musste sich das Geld für sein Mittelschul- und Universitätsstudium selbst verdienen und lernte bereits in seiner Jugend das ganze Elend dieser Zeit kennen – viele Leute konnten ihre Mieten nicht bezahlen; es gab weder Mieter-, Hinterbliebenen- oder anderen sozialen Schutz.Nach seiner Habilitation (1899) erhielt er 1910 den Lehrstuhl für Anatomie an der Universität Wien. Von 1914–1917 war er Dekan der medizinischen Fakultät. 1919 wurde Tandler in den Gemeinderat gewählt. Nachdem er von Mai 1919 bis Oktober 1920 Unterstaatssekretär für Volksgesundheit gewesen war, folgte er am 22. November einer Berufung als amtsführender Stadtrat für Wohlfahrtspflege.

Julius Tandler drückte der Gesundheits-, Fürsorge- und Jugendpolitik der Sozialdemokraten in den 20er Jahren den Stempel seiner Persönlichkeit auf; die in seinem Ressort erbrachten Leistungen wurden beispielgebend und erweckten das Interesse der Welt.

1933 erbat Tandler aus gesundheitlichen Gründen Urlaub und fuhr nach China. Dort erhielt er 1934 die Nachricht von den in Wien ausgebrochenen blutigen Kämpfen. Er eilte nach Wien zurück, wurde zeitweise inhaftiert und verlor seinen Lehrstuhl. Tief verletzt kehrte er Österreich den Rücken und begab sich wieder nach China, wo ihn eine Einladung der Sowjetunion erreichte, als zeitweiliger Berater Richtlinien zur Reformierung des Medizinstudiums auszuarbeiten sowie Ambulatorien und Spitäler zu reorganisieren. Tandler nahm an, verstarb jedoch wenig später in Moskau.

Stella Herzig entstammt einer großbürgerlichen jüdischen Familie, die nach dem Ende der Monarchie verarmte. Als die Eltern nach Wien kamen, war sie noch ein Kleinkind. Sie absolvierte hier die Volksschule und das Gymnasium, wobei sie im 13. Lebensjahr begann Nachhilfestunden zu geben. In erster Ehe (seit 1930) war sie mit dem Arzt Dr. Hans Klein verheiratet, der 1933 aus unbekannten Gründen Selbstmord beging.Stella Klein-Löw musste 1939 aufgrund ihrer Herkunft und der Bedrohung durch die Nationalsozialisten nach langem Zögern nach Großbritannien flüchten. Viele Mitglieder ihrer Familie wurden in Vernichtungslagern ermordet. 1940 heiratete sie den Physiker Dr. Moses Löw, den sie unter den sozialdemokratischen Emigranten kennengelernt hatte.Ihr politisches Engagement galt seit ihrer Kindheit der Sozialdemokratie. Sie war zunächst Mitglied in der Sozialistischen Arbeiterjugend, später bei den sozialistischen Studenten und danach in der Sozialdemokratischen Partei Österreichs.

Sie kehrte 1946 nach Wien zurück und nahm ihre Arbeit als Mittelschulprofessorin wieder auf. 1950 wurde sie Direktorin eines Wiener Gymnasiums. Sie engagierte sich in der Bezirksorganisation Leopoldstadt, war Mitglied des Zentralkomitees der SPÖ und von 1959 bis 1970 auch Abgeordnete zum Nationalrat.