Frauenbewegung und Frauenbildung

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Frauenbewegung – Frauenbildung
Seit Einführung der Schulpflicht 1774 war zwar eine sechs- später achtjährige Ausbildung aller Jungen und Mädchen gesichert, aber den Mädchen waren weiterführende Schulen immer noch verschlossen. Daher war es der Frauenbewegung zur Wende des 19./20 Jh. ein Anliegen, auch Mädchen eine höherer Bildung und Frauen eine berufliche Ausbildung zu ermöglichen. Ab 1910 durften Mädchen auch Knabengymnasien besuchen, allerdings nur bis zu einer Quote von 5 %, und sie durften dort weder geprüft werden, noch aktiv am Unterricht teilnehmen.

Städtische Volksschule für Mädchen in der Leopoldstadt
1790 wurde eine erste k. k. Mädchenschule in der Bäckerstraße, Wien 1. eingerichtet, eine zweite 1793 in der Leopoldstadt, Stephaniestraße 13 (heute Hollandstraße). Aber schon 75 Jahre später, 1868, standen beide Schulen vor der Schließung, da die Staatsfinanzen knapp waren. Nach längerem Hin und Her wurde die Schule in der Stephaniestraße von der Gemeinde übernommen und als Städtische Volksschule für Mädchen weitergeführt. 1893 siedelte die Schule in ein neues Gebäude in der Leopoldgasse 3 um.

Migerka-Schulen
Katharina Migerka (1844–1922) wohnhaft in der Czerningasse 7, Wien 2 war eine führende Figur in der damaligen Wiener Frauenbewegung. Sie gründete 1894 gemeinsam mit ihrem Mann, dem Gewerbefachmann Franz Migerka, die ersten hauswirtschaftlichen Schulen und einen Hilfsverein für Lehrmädchen und Arbeiterinnen. Der Verein (Schottenfeldgasse 10, Wien 7) bot Abendkurse, eine Stellenvermittlung und ein Heim für verwaiste Mädchen an. Zusätzlich publizierte Katharina Migerka in verschiedenen Zeitschriften Artikel zur Hebung und Wohlfahrt der unbemittelten und arbeitenden Volksschichten.

Wegweiser zur Berufswahl schulentlassener Mädchen
Auch Antonie Graf (geb. Machold 1845–1929) war aktiv in der Frauenbewegung. Sie wurde in der Praterstraße 28, Wien 2 geboren. Später lebte sie als Lehrerin und Erzieherin mit ihrer Familie in der Großen Mohrengasse 26, Wien 2. Bis 1870 leitete sie eine Mädchenschule, veröffentlichte 1912 einen Wegweiser zur Berufswahl für schulentlassene Mädchen und eine Übersicht über die Unterrichtsanstalten der weiblichen Bevölkerung der österreichischungarischen Monarchie. Ihr besonderer Verdienst war aber 1894 die Gründung der ersten Schwimmvereinigung für Frauen, Austria, und 1908 des Damenschwimmklubs, Wien, dessen Präsidentin sie bis 1923 war.

Wiener Handelsakademie für Mädchen
Olly Schwarz (1877–1960), Frauenrechtlerin und Pädagogin, gründete 1907 mit ihrem Verein für höhere kommerzielle Frauenbildung die Wiener Handelsakademie für Mädchen in der Stephaniestraße 16 (heute Hollandstraße), Wien 2. Olly Schwarz beschreibt 1907 die Ziele des Vereins: „Seine Aufgaben bestehen in der Erweiterung der Bildungsmöglichkeiten für Frauen auf kommerziellem Gebiet insbeson- dere durch Kurse spezieller kaufmännischer Branchen, in der Heranbildung für Handelsschullehrerinnen, … und eine Stellenvermittlung für die Absolventinnen der Handelsakademie. … Die Handelsakademie wird in ihren Absolventinnen der Frauenbewegung neue Kämpfer [sic] für das Recht auf gleiche Bildung, gleichen Beruf und gleiche Entlohnung zuführen.“

Olga Steindler (1879–1933, verh. Felix Ehrenhaft, Physiker), die als erste Frau an der Universität Wien im Fach Physik promovierte hatte, gründete 1907 ein Realgymnasium für Mädchen, schloss sich aber dann dem Verein von Olly Schwarz an und wurde Direktorin an der Handelsakademie für Mädchen. Die Schule erhielt zunächst keine staatliche Unterstützung und war somit völlig auf private Finanzierung (Schulgeld 320 Kreuzer/Jahr) angewiesen. Jahre später wird Olga Steindler als Schuldirektorin in den Staatsdienst übernommen, ihr wird der Titel Hofrat [sic] verliehen. Olga Steindler starb im Alter von 54 Jahren nach längerer Krankheit. In einem Nachruf heisst es: „… eine Frau, die mit bewundernswerter Aktivität dem Frauenfortschritt gedient [hat] … Ihr Name wird in der Geschichte der Österreichischen Frauenbewegung ehrenvoll verzeichnet bleiben.“

Dr. Krüger Heim für Lehrmädchen und jüdische Arbeiterinnen
Das Elisabeth-Heim für Kriegswaisen, Lehrmädchen und Arbeiterinnen Malzgasse 7, Wien 2, war auch unter dem Namen Dr. Krüger-Heim bekannt. Es wurde 1898 mit Hilfe des Leopoldstädter Jüdischen Frauen-Wohltätigkeitsvereins unter seiner Präsidentin Berta Krüger gegründet. Das Heim bot jüdischen Waisenmädchen, die vorwiegend aus Galizien stammten, die Möglichkeit, ein selbständiges Gewerbe zu erlernen. Die Jüngeren besuchten zuerst die Volks- und Bürgerschule und wechselten dann zur Ausbildung ins Lehrmädchenheim. Im Laufe der Jahre konnte durch finanzielle Unterstützung von privaten Spendern dem Lehrmädchenheim ein Arbeiterinnenheim und die jüdisch-orthodoxe Mädchenschule Bet Jacob angegliedert werden. Ab 1942 wurde in dem Heim ein Sammellager für Jüdinnen und Juden eingerichtet, die von hieraus in die Vernichtungslager deportiert wurden.