Donaukanal

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Der „Wiener Arm“, „Wiener Wasser“ ab 1700 „Donaukanal“ war zur Zeit der Römer ein stabiler Hauptarm der Donau und eine wichtige Versorgungsader für die Stadt. Salz aus Gmunden und Hallein, Bausteine und Granit aus Mauthausen, Holz, Obst und Gemüse und Fisch wurden an den Ufern gehandelt und gelagert. In der Leopoldstadt bestand ein Schiffsarsenal, in dem unter Ferdinand I., Leopold I. und Karl VI. Ruderschiffe und Segelschiffe gebaut wurden.

Das Lusthaus, direkt an einem Donauarm liegend, während des Militärfestes am 18. Oktober 1814.

Aber der so wichtige Wasserweg bedrohte auch die Stadt mit Hochwasser und man versuchte sich zu schützen. Von 1439–1547 gab es einen dammartigen Hochweg von der Schlagbrücke bis zur Kreuzung Taborstraße/Obere Augartenstraße, der eine trockene Straßenverbindung gewährleistete.

1454 wurde Kaspar Hartneid, ein erfolgreicher Konstrukteur von Wasserspielen in Ziergärten, vom Wiener Stadtrat beauftragt, den Wiener Arm der Donau (Donaukanal) für größere Einheiten schiffbar zu machen. Als das nächste Hochwasser seine Bauten wegschwemmte, entging er dem Todesurteil nur, weil er versprach Wien nie wieder zu betreten.
Als im 16. Jh. dieser Hauptarm der Donau immer mehr verlandete und von der Stadt abrückte, wollte man mit einem Damm mehr Wasser in den Taborarm und damit in den Wiener Arm zwingen. Doch die Diskussionen zwischen den städtischen und den nieder­österreichischen Behörden, Hofkammer und Hofkriegsrat, den betroffenen Grundbesitzern, Brückenmeistern, Schiffern und Fischern waren mühsam, die Finanzierung schwierig und die technischen Möglichkeiten ungenügend. Man beschränkte sich auf kleinräumige Lösungen. So wurden 1567 im Bereich Neuer Tabor (heute etwa Flaktürme im Augarten) Steine zum Erosionsschutz verlegt und Ufer mit hölzernen Bauten befestigt.

1598 versuchte man mittels eines kleinen Durchstichs Wasser aus dem Wolfsarm, der den Taborarm verdrängte, in den Kanal zu leiten – die erste Donauregulierung!!!

Nachdem aber die Wassermassen nicht umzuleiten waren, beschränkte man sich in der ersten Hälfte des 17. Jhs. darauf, den Donaukanal schiffbar zu erhalten und die Stadt besser vor Fluten und Eisstößen zu schützen. Man konzentrierte sich auf den Beginn des Wiener Armes, baute Dämme und Uferbefestigungen, baggerte Untiefen aus, schüttete Arme, die sich vom Wiener Arm abspalteten, zu, grub Kanäle um neue Wasserläufe, z. B. vom Prater abzuhalten. Mit viel Geld, Arbeitskraft, Holz und Stein schaffte man im Schnitt pro Jahr 350 Laufmeter Uferbefestigungen mit Flechtzäunen und Reisig­bündeln, Senkkästen, Wehren, Leitwänden etc. Sie mussten jährlich ausgebessert oder erneuert werden und waren trotzdem kurzlebig. Sie dienten nicht nur dem Wohle der Stadt, sondern auch militärischen Zwecken.

Nach der Türkenbelagerung von 1683 waren die technischen Möglichkeiten soweit entwickelt, dass man vom Wiener Arm zum Fahnenstangenwasser einen 1392 m langen Damm bauen konnte, der verhinderte, dass das Heustadlwasser zum Wiener Arm durchbrach. Gleichzeitig bekamen Prater und Augarten hölzerne Uferschutzbauten, die auch militärischen Zwecken dienten. Aber auch diese Maßnahmen überlebten meist nicht das nächste Hochwasser.

1688 setzte Leopold I. eine „Donauregulierungskomission“ ein und Leander Anguissola entwarf einen Plan zur Schiffbarmachung des Donaukanals, der nicht realisiert wurde. 1717 schlug der von Karl VI. aus Venedig nach Wien berufene Pater Vincenzo Coronelli vor, die Leopoldstadt durch mehrere diagonal angeordnete Dämme zu schützen.

Erst 1791 begann der Ausbau am Einlaufbereich in den Donaukanal, der „Nußdorfer Schere“, die bis 1870 bestand.

1832 erfolgte die erste nachhaltige Regulierungsmaßnahme: ein Donaukanaldurchstich der das Mauthnerwasser und das Lusthauswasser vom Kanal abklemmte und den Verlauf begradigte. Das Lusthaus lag nun nicht mehr an einem Fluss und das Heustadlwasser war ein toter Arm. Die Begradigung und Mündung des Kanals unterhalb der Freudenau war wichtig, um die Versorgung Wiens mit Fleisch aus Ungarn zu verbessern (Lobauer Leitwerk).

1872 konstruierte Wilhelm Engerth für das Nußdorfer Leitwerk ein Schwimmtor, genannt Sperrschiff, das bei einem Wiener Künstlergschnas (Faschingsfest) als „Schiffico blamabico“ tituliert wurde.

Bis 1898 war es der alleinige Schutz der Stadt vor Hochwasser und Eisstoß. Eduard Suess verglich es mit einem schwimmenden Balken, der bei Bedarf zur Brechung von Hochwasser quergestellt und notfalls auch versenkt werden konnte.

Dann wurde allerdings ein neues Sperrwerk nötig, denn in den1890er Jahren wurde die Donaukanallinie der neuen Stadtbahn in den Arkaden der rechten Kaimauer gebaut. Der Pegelstand des Donaukanals musste also so zu halten sein, dass die Donaukanallinie nicht überflutet werden konnte.

Das neue Sperrwerk bestand aus einer massiven von zwei Löwen gekrönten, nach Josef Schemerl von Leythenbach benannten Wehrbrücke, an der die „Schützen“ befestigt
waren. Sie waren in vertikaler Richtung zu bewegen und regelten so den Wasserzufluss. Die ganze Brücke konnte in 4,5 Stunden aufgezogen werden. Schiffe konnten in einer Schleuse den Niveauunterschied zwischen Kanal und Strom überwinden. Die Bauleitung hatte Wilhelm Taussig, Architekt war Otto Wagner, die technischen Entwürfe stammten von Wilhelm Engerth.

Große Schwierigkeiten verursachte in diesem Bauabschnitt die Entfernung der vielen in den letzten 300 Jahren mit Mühe errichteten, aber nicht sehr erfolgreichen, Leitwerke zur Regulierung des Wasserstandes.

1901–1906 errichtete man als Teil einer geplanten Schleusentreppe (die nie gebaut wurde) die Kaiserbadschleuse (die nie in Betrieb ging). Das dazugehörige Schützenhaus zur Aufbewahrung der Schützen, der beweglichen Metallplatten des Wehrs, entwarf Otto Wagner.

Nachdem Hauptsammelkanäle und Straßenkanäle nicht mehr in den Donaukanal mündeten, nahm die Wasserqualität zu und es wurden 1904/05 Strombäder eingerichtet.

Am Ende des 2.Weltkrieges war beidseits des Donaukanals Hauptkampflinie. Fast alle Donaukanalbrücken und die Häuserzeilen beidseits des Kanals wurden zerstört. Mit dem Wiederaufbau auf der Seite des 2. Bezirks wurden neue städtebauliche Akzente gesetzt.