Ausrufer, Zauberer und Panoptikum

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Die Praterausrufer sollten Publikum anlocken. Sie arbeiteten u. a. für Buden, in denen „abnorme Menschen“ ausgestellt wurden. Das 1871 gegründete „Panoptikum und Anatomisches Museum von Hermann Präuscher“ und Zaubertheater wie das von Anton Kratky-Baschik (1810–1889) waren ebenfalls beliebt.

Hereinspazirt! Hereinspazirt! schrei ich den ganzen Tag,
Doch`s will kein`Mensch net einigeh`n, es is umsonst mein`Plag,
Zehn Kreuzer per Person bloß nur is als Entree zu zahl`n,
Doch trotz die schönen Bilder draußt, thans ma herinn was mal`n.

Niederträchtig, niederträchtig! Es will halt Niemand mein Kunstkabinet besuchen, wo`s doch so schöne Sachen zum seh`n gibt, wie z. B. die Königin Isabelle, d`Fiaker Mili, n`Don Carlos, die beiden Grafèl, die berühmtesten Verwaltungsräth und alle sonstigen Räuberhauptmänner– `s geht halt Niemand eini. Ha! jetzt kommt einer auf mein` Hütten zua – Hereinspazirt, grad noch Platz für eine Person. Ergeb`nster Diener! hier sehen Sie–

Hans Bartl: Der Eifersüchtige im Wurstelprater (Posse, 1885)

Den Kratki-Baschik kannte einst jeder. Er residierte im Wurstelprater, war ein Zauberer, und besaß außerdem ein Kuriositätenkabinett, wo auch allerhand in Spiritus saß, was man sonst kaum zu sehen kriegte. Heute noch sagt man zu Wien von einem irgendwie monströsen Kerl: >>Der gehört ja zum Kratki-Baschik. <<

Heimito von Doderer. Ein anderer Kratki-Baschik (Novelle, undatiert)

Der Ausrufer, gewöhnlich minderem Volk gegenüberstehend, muß es herrschaftlich behandeln, er hat dem Buden-Rayon Glanz einer feierlichen, noblen Welt zu geben; er muß das Gefühl vermitteln, das seine Hörer bei der Lektüre der Kolportageromane haben: das die Wunder und Reichtümer dieses Lebens hochdeutsch reden.

Anton Kuh: Praterausrufer (Essay, 1931)

Als ich jung war, gab es im Wiener Prater eine sogenannte Schreckenskammer, in die einzutreten den Jugendlichen verboten war. Man konnte dort verschiedene Greuel, in Wachs gebannt, besichtigen: Massenmörder und Morde, Henker, Hinrichtungen und Gehenkte, Bauchoperationen, Kaiserschnitte, Skalpelle, Skelette, Eiserne Jungfrauen, besiegte Tartaren, geschleift von im Galopp erstarrten Pferden, eine Zangengeburt, Säuglinge mit drei Köpfen, an Folterräder Gebundene, aus gespaltenen Schädeln herausquellendes graues Hirn und aus aufgeschlitzten Bäuchen heraushängende Därme, die an gewundene Feuerschläuche erinnerten.

Joseph Roth: Der Wiener Prater – gestern und heute (Artikel, 1939?)