90 Jahre Planetarium Wien

Erlebnis Planetarium in der Leopoldstadt. In der Sonderausstellung „90 Jahre Planetarium Wien“ wird eine Säule der Wiener Volksbildung vorgestellt. Es werden nicht nur Geschichten von früher, wie alles noch besser war beziehungsweise die Lichtverschmutzung niemand kannte erzählt. Das Planetarium der Stadt Wien hat sowohl eine bewegte wie auch aufregende Geschichte in der Vermittlung von Wissen – missbraucht von profanem Zweck, geliebt von Wissenshungrigen. In der Ausstellung werden auch ein paar kleine Experimente gezeigt, um nicht nur das historische Wissen über das Planetarium zu erweitern sondern auch das Wissen über die Geschichte des Universums zu verdeutlichen.

Kurator: Dr. Werner Gruber (Direktor der astronomischen Bildungseinrichtung der Wiener Volkshochschulen)

Die Ausstellung war vom 27. November 2017 bis 5. März 2018 zu den Öffnungszeiten des Museums zu besichtigen.

Wie erklärt man die Sterne? Wie zeigt man den Unterschied zwischen dem heliozentrischen und dem geozentrischen Weltbild?

Will man die Sterne mit einem Teleskop beobachten und erklären, ergeben sich zwei Probleme: die Tageszeit und die Wolken. Viele Menschen können nicht in der Nacht eine Sternwarte besuchen. Somit können an der Kuffner- oder Uraniasternwarte nicht die Sterne, die Sternbilder und die Planeten erklärt werden – alles bleibt theo­retisch, nur aus Büchern angelesen oder im Fernsehen gezeigt. Dazu kommt das Problem, dass gerade in unseren Breiten Wolken den Himmel verdecken. Rund ein Drittel der Beobachtungszeit ist aufgrund des Wetters vergeudet. Dadurch entstand die Idee den Sternenhimmel zu simulieren.

Der Gottorfer Riesenglobus (Neubau von 2005)

Die allererste Idee bestand darin eine große Hohlkugel zu konstruieren. In diese Hohlkugel sollen sich die Besucher und Beobachterinnen begeben, um den Sternenhimmel zu beobachten. In die Kugel wurden Löcher unterschiedlicher Größe gebohrt, um die Lichtstärke der einzelnen Sterne darzustellen. Das Licht von außen stellt dann das Sternenlicht dar. Nun konnte die Kugel um die Besucher gedreht werden, während sich diese den „Sternhimmel“ ansehen konnten. Das erste Hohlkugelplanetarium dürfte der Gottorfer Riesenglobus gewesen sein. Der Globus mit einem Durchmesser von drei Metern, der zwischen 1650 und 1664 im Auftrag Herzog Friedrichs III. von Gottorf entstand, wurde europaweit berühmt. In seiner Art war der Gottorfer Globus das erste begehbare Planetarium der Geschichte. Gleichzeitig bildete er ein großes Modell des alten geozentrischen Weltbildes nach Ptolemäus.

Im Juni 1913 wurde in Chicago die sogenannte Atwood Sphere eröffnet. Dabei handelte es sich um eine Weiterentwicklung des Gottorfer Globus. Man musste nicht mehr mühselig in den Globus hineinsteigen, sondern man wurde mit einem kleinen Wägelchen hineingefahren. Diese Atwood Sphere kann noch heute im Adler-Planetarium in Chicago besichtigt werden.

Mit diesen Kugeln konnte man aber keine Planetenbewegungen, keinen Sonnenauf- und -untergang und auch keine Bewegung des Mondes darstellen. Die Zahl der Besucher war sehr beschränkt. Die bessere Idee war, die Sterne und Planeten auf die Innenseite einer großen Kuppel zu projizieren. Dies war die Königsidee von Walther Bauersfeld, der das erste Planetarium der Welt 1919 im Auftrag von Carl Zeiss Jena entwickelte und baute.

Das weltweit erste Projektionsplanetarium wurde am 21. Oktober 1923 im Deutschen Museum in München der Öffentlichkeit vorgestellt. Zwei Monate zuvor wurde es auf dem Zeiss-Werksgelände in Jena an einer 16-m-Kuppel getestet. Vor der endgültigen Installation wurde es von München zunächst erneut nach Jena zur Komplettierung geschickt und schließlich am 7. Mai 1925 offiziell in München in Betrieb genommen. Die Idee und das Konzept verbreiteten sich rasch und in den folgenden zwei Jahren wurden in Deutschland bereits acht weitere Planetarien in Betrieb genommen. Am 7. Mai 1927 wurde in Wien das erste Planetarium außerhalb des Erfinderlandes Deutschland eröffnet. Aufgebaut wurde es auf dem heutigen Maria-Theresien-Platz zwischen Natur- und Kunsthistorischem Museum. Anlass dafür war die im Messepalast stattfindende Ausstellung „Wien und die Wiener“ im Jahr 1927. Bald galt es als wahre „Wundermaschine“. Das achteckige pyramidenförmige Bauwerk mit einem runden Innenraum von 20 Metern Durchmesser war eine einfache Holzkonstruktion und wurde vom Architekten Robert Oerley entworfen. Die halbkugelförmige Kuppel bestand aus weißem Leinen.

Planetarium am Praterstern (1933)

Am 8. Jänner 1930 erfolgte die abermalige Eröffnung des Planetariums am Praterstern, wo es bis Mitte März 1945 bestand. Geleitet wurde es von Oswald Thomas. Als Sternenprojektor diente hier wie zuvor auf dem Maria-Theresien-Platz ein Projektor Zeiss Modell II. Der Planetariumsprojektor war aber nicht fix montiert und so wurde er immer öfters aus dem Kuppelsaal geschoben, um gewöhnlichen Kinovorführungen zu weichen. Während der Zwischenkriegszeit wurde immer weniger Volksbildung betrieben, es diente mehr der Belustigung. Ab April 1933 wurden kaum noch Sternenvorführungen abgehalten. Das Planetarium nahm ein unrühmliches Ende in der Schlacht um Wien. Das Holzbauwerk wurde gemeinsam mit dem angrenzenden Wurstelprater zerstört..

Fast zwanzig Jahre vergingen, bis am 16. Juni 1962 der damalige Bürgermeister von Wien, Franz Jonas, den Grundstein für das neue Planetarium legte. Der neue Standort befand sich neben dem berühmten Wiener Riesenrad. Ausgestattet mit einem Projektormodell Nr. IV zeigte es vier Jahrzehnte lang Kindern und Erwachsenen die Faszination des Sternenhimmels. Hermann Mucke leitete das Planetarium von 1964 bis 2000 mit großem Erfolg und machte es zum Zentrum astronomischer Volksbildung in Österreich.

Fast vierzig Jahre nach der Eröffnung des zweiten Wiener Planetariums genehmigte die Stadt Wien im Sommer 2000 die umfassende Modernisierung der gesamten Kuppeltechnik sowie die Neugestaltung des Kuppelsaales. Auf 1.253 Quadratmeter Grundfläche wurde eine Stahlbeton-Kuppelschale mit einem Außendurchmesser von 23,5 Meter auf einen drei Meter hohen runden Umfassungsmauerwerk aufgesetzt. Der Vorführraum besitzt einen Innendurchmesser von 20 Meter und bietet Raum für ungefähr 240 Sitzplätze.

Seit Herbst 2002 besitzt das Wiener Planetarium mit dem Universarium (Modell IX) von Carl Zeiss Jena das derzeit modernste Planetariumsgerät der Welt. Der Bogen spannt sich von bewegten Satellitenmodellen vor dem Sternenhintergrund über Planetenanimationen im Sonnensystem bis hin zu unterstützenden Videos und Bildern bei didaktischen Präsentationen. Es gibt mehrere Projektionssysteme, welche in einem per­fekten Zusammenspiel, den Himmel und hoffentlich auch den Geist erhellen. Das zentrale Projektionsgerät ist der Zeiss Universarium IX, welcher die Sterne über Glasfasern an den Himmel projiziert. Es werden sogar die Farben der einzelnen Sterne korrekt dargestellt. Mit lasergeschnittenen Masken können zusätzlich die Sternbilder eingeblendet werden. Von einer zentralen Lichtquelle werden über 9000 Glasfasern zu Linsen geleitet, um einen realistischen Eindruck vom Sternenhimmel zu gewinnen.
Zusätzlich kann auch unsere Milchstraße detailgetreu mit all ihren Farben dargestellt werden. Sogar das Funkeln der Sterne wird simuliert.

Seit Februar 2013 ist der Physiker Werner Gruber Direktor der astronomischen Bildungseinrichtung der Wiener Volkshochschulen. Heute besuchen über 108 000 ZuseherInnen pro Jahr die astronomischen Einrichtungen der Stadt Wien.

Da dieser Projektor wie eine große Kugel aussieht, wird er auch als Starball, oder für die Kleinen als Sternmachmaschine, bezeichnet. Am Fuße des Starball befinden sich die Planetenprojektoren. Damit ist es möglich die Sonne, den Mond und die fünf Planeten auf die Kuppelinnenseite zu projizieren. Warum nur 5 Planeten? Die Erde braucht man nicht darzustellen, auf der stehen wir, und Uranus und Neptun sind zu weit weg, als dass man sie mit freiem Auge sehen könnten, also bleiben Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Zusätzlich können mit Diaprojektoren stehende Bilder über die gesamte Kuppel dargestellt werden. Es ist imposant auf der Mondoberfläche zu stehen, oder in die Jupiterat­mosphäre einzutauchen. Auch das Panorama von Wien, mit und ohne Lichtverschmutzung kann gezeigt werden.

Aber all dies wäre nichts, könnte man nicht auch bewegt Bilder präsentieren. Dafür kommt aber ein gewöhnlicher Beamer nicht in Frage. Will man Sterne sehen, muss es absolut dunkel in der Kuppel sein. Ein handelsüblicher Beamer stellt ein schwarzes Bild in der Regel etwas grauverschleiert dar. Deshalb werden spezielle Projektoren benötigt. Bei den von der Firma Zeiss hergestellten Velvet-Projektoren ist schwarz auch wirklich schwarz. Nur zum Vergleich: ein handelsüblicher Projektor hat ein Kon­trast­ver­hältnis von 1:5000, die Velvets haben einen Kontrast von 1:2500000 – das ist perfekt.

Zusätzlich verfügt das Planetarium der Stadt Wien noch über eine spezielle Lichtanlage mit der verschiedene Lichtstimmungen präsentiert werden können und eine hochmoderne Tonanlage, welche einen glasklaren Klang liefert. Damit hat Wien eines der größten und modernsten Planetarien der Welt.